„Roses Revolution Day“
Für Gewaltfreiheit in der Geburtshilfe: Sieben
Frauen tauschten sich in Polch über eigene
belastende Erfahrungen aus
29.2.2024 | Zum internationalen „Roses Revolution
Day“ trafen sich sieben Frauen in Polch, um über
eigene belastende Gewalterfahrungen im Umfeld der
medizinischen Geburtsbegleitung zu sprechen. Immer
wieder gibt es im Zusammenhang von Schwanger-
schaft und Geburt verbale, körperliche und psycho-
emotionale Gewalt. Hierüber konnten sich die Frauen
mit Daria Dötsch und Isabel Schönig austauschen.
Erstaunt und doch erleichtert waren die Frauen zu
erfahren, dass sie mit dem Erlebten nicht alleine sind.
Der „Roses Revolution Day“, der am 25. November
stattfindet – das Treffen fand etwas später statt –
macht auf Gewalt an Frauen aufmerksam, die
während der medizinischen Geburtsbegleitung vielfach
verübt wird.
In Polch sprachen die Frauen über Schwangerschaft
und Geburt und berichteten von dabei erlebter
verbaler, körperlicher und psychoemotionaler Gewalt.
Männern, denen in der Coronazeit die Teilnahme an
der Geburt verwehrt wurde, leben seither mit dem
Selbstvorwurf, ihre Frauen alleine gelassen zu haben.
„Das können Sie gleich mit dem Arzt diskutieren“,
wurde einer Frau gesagt, die einen venösen Zugang
ablehnen wollte. Das Fazit der Teilnehmerin:
„Krankenhausstandards scheinen Vorrang vor der
Entscheidungsfreiheit der Gebärenden zu haben.“
Dem eigenen Empfinden, dass die Wehen eingesetzt
haben, wird mit dem Satz widersprochen: „Das CTG
zeigt keine Wehen an.“ Ohne Erklärung und ohne das
Einverständnis der Gebärenden einzuholen ließ eine
Hebamme die Fruchtblase platzen. Ohne umfängliche
Aufklärung über die Möglichkeiten die Geburt eines
verstorbenen Kindes in der 15. Schwangerschafts-
woche zu begleiten, wird eine Ausschabung
durchgeführt. Das empfindet die Mutter als sehr
würdelos! Im Wochenbett erfährt sie, dass sie ihr Kind
auch hätte normal gebären können. Dazu hätte sie
sich entschieden, hätte die Ärztin ihr die Wahl
gelassen! Tiefe Traurigkeit ist geblieben und das
Gefühl, um ihr Persönlichkeits- und Selbst-
bestimmungsrecht betrogen worden zu sein. Zwischen
sechs Wochen und 25 Jahre tragen die Frauen das
Erlebte mit sich. Auch deutlich ältere Frauen denken
an ihre Geburten, denn „geboren wird nicht nur das
Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch
das Kind“, wie es einst die Schriftstellerin Gertrud von
le Fort formulierte. Eine Geburt ist für eine Frau ein
prägendes Ereignis, und das kann im Guten wie im
Schlechten sein. Eine gute Geburt hat auch für das
Kind und den Vater Einfluss auf einen guten Start ins
Familienleben und auf die lebenslange innige Bindung
untereinander. Daher ist es gut, wenn Frauen
Unterstützung und eine gute Begleitung während der
Schwangerschaft, Geburt und im Wochenbett erhalten.
Aufgrund der belastenden Vorerfahrungen bei der
Geburt ihres Kindes brachte eine Mutter ein weiteres
Kind zu Hause zur Welt. Gerade für die Frauen mit
Kinderwunsch war es hilfreich, nach traumatischen
Erfahrungen mehr über eine selbstbestimmte Geburt
zu erfahren. Ein früher Kontakt zur Hebamme ihrer
Wahl unterstützt Frauen auf ihrem selbstbestimmten
Weg durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett.
Eine Teilnehmerin machte Mut, das Erlebte nicht zu
verdrängen, sondern sich damit auseinanderzusetzen.
Nach einer Traumatherapie ist sie gestärkt und mit
sich in Frieden.
Traumatherapeutische Unterstützung bieten u.a. die
Lebensberatungsstelle oder das Projekt Peperina.
Eine erste Anlaufstelle können das „Hilfe-Telefon
schwierige Geburt“ sowie die Fachstelle Frühe Hilfen
sein, die Frauen beim Ordnen ihrer Gedanken
unterstützen und gemeinsam überlegen, welche
Ansprechpartner und Handlungen im nächsten Schritt
helfen könnten.
Zum Abschluss blieb der Wunsch, auch im neuen Jahr
um den Roses Revolution Day, eine Veranstaltung für
Frauen, anzubieten. Da es auch für Männer
Gesprächsbedarf gibt, soll für sie ebenfalls ein Abend
angeboten werden.